Die Hypothese der Traumkontinuität besagt, dass unsere Träume eine Erweiterung unseres Lebens im Wachbewusstsein sind. Träume können unsere Erfahrungen und Probleme im realen Leben widerspiegeln und enthalten Darstellungen von Ereignissen, die in unserer täglichen Realität passiert sind. Die meisten aktuellen Forschungen zu diesem Thema konzentrieren sich jedoch auf die kurzfristigen Eindrücke der Realität in unseren Träumen, was bedeutet, dass wir möglicherweise großflächige Veränderungen aus den Augen verlieren.

Einer der weltweit renommiertesten Traumforscher, Michael Schredl vom Schlaflabor in Mannheim, hat beschlossen, etwas tiefer zu bohren, um zu sehen, ob langfristige Veränderungen den Inhalt unserer Träume beeinflussen könnten. Konkret wählte er die globale Erwärmung als Forschungsthema. Laut Umfragen aus den Jahren 1999 bis 2017 machen sich zwischen 20 und 40 Prozent der Menschen Sorgen über die Folgen dieses Phänomens. Dieses Thema ist seit vielen Jahren auf der öffentlichen Agenda und dürfte dementsprechend auch unsere Träume beeinflussen.

Um diesen Effekt zu testen, analysierte der Wissenschaftler ein Traumtagebuch, das jemand über 30 Jahre lang geführt hatte. Der Träumer hatte 1984 im Alter von 22 Jahren mit der Aufzeichnung seiner Träume begonnen und hielt bis 2015 alles fest, was er träumte. Insgesamt hatte er in dieser Zeit über elftausend Träume. Nach der maschinellen Auswertung der Texte sammelte Michael Schredl dann Daten zur Klimastatistik. Es zeigte sich, dass Elemente, die mit Kälte assoziiert werden – wie Schnee, Eis und Hagel – im Traumtagebuch mit der Zeit seltener wurden.

Waren diese Elemente zu Beginn der Studie noch in 5 % aller Träume vorhanden, sank die Häufigkeit solcher Bilder bis 2015 auf 0,87 %. Gleichzeitig hat in Deutschland, wo der Teilnehmer lebt, die Anzahl der Tage pro Jahr mit Temperaturen unter Null ebenfalls deutlich abgenommen. Die Auswirkungen der globalen Erwärmung spiegeln sich also tatsächlich in den Träumen der Menschen wider.

Wir haben bereits darüber geschrieben, wie globale Themen wie COVID-19 unsere Träume beeinflussen. Insbesondere spiegeln sie sich in den Phasenzuständen (luzide Träume und außerkörperliche Erfahrungen) wider, die von besonderem Interesse für die Untersuchung sind. Mit anderen Worten: Wenn sich diese Art von Verschiebung auf Träume im Allgemeinen auswirkt, dann wird, wenn die Realität heißer wird, auch die Temperatur unserer Reisen im Phasenzustand steigen.

Wie ist das Wetter in Ihren gewöhnlichen und luziden Träumen?

Der Artikel wurde im Januar 2021 im International Journal of Dream Research veröffentlicht.

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