Eine Gruppe von Wissenschaftlern aus Dänemark und Belgien (Peinkhofer, Martial, Cassol, Laureys und Kondziella) behauptet, dass Nahtoderfahrungen (NTEs) einen biologischen Ursprung haben und mit einer natürlichen Reaktion verbunden sind, die sich bei einigen Tieren zeigt. Dabei handelt es sich um einen Verteidigungsmechanismus namens Thanatose, der ausgelöst wird, wenn sich ein Organismus in einer gefährlichen Situation befindet. Bei Thanatose erstarrt das Lebewesen und stellt sich tot, um ein Raubtier abzuschrecken, das Aas meidet.
Forscher haben bewiesen, dass diese Fähigkeit bei allen Arten, einschließlich des Menschen, genetisch erhalten ist. Allerdings haben die Evolution und die Komplexität des menschlichen Gehirns das stereotype Verhalten (z. B. friert ein Käfer einfach in einer unnatürlichen Position ein) zu anspruchsvolleren Erfahrungen mit vielen Details verändert.
Der moderne Mensch hat in der Tat keine natürlichen Feinde. Daher treten Nahtoderfahrungen häufiger bei der Interaktion mit einer neuen Art von Raubtieren auf: Sexualverbrecher, bewaffnete Räuber, Terroristen, aber auch unbelebte Objekte – zum Beispiel Autos bei einem Verkehrsunfall.
Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass der Mensch evolutionär erhaltene Gehirnmechanismen besitzt, die die Nachahmung des Todes zur Selbstverteidigung einschließen. Dabei spielt es biologisch keine Rolle, ob die NTE ein unfreiwilliger oder halbbewusster Akt ist. Wichtig ist, dass das Opfer regungslos daliegt, um seine Überlebenschancen zu erhöhen. Somit ist Thanatose, so die Autoren, die evolutionäre Grundlage der NTE.
Interessanterweise haben die Forscher auch eine Verbindung zwischen NTEs und luziden Träumen gefunden und damit die gemeinsame Basis für Zustände erkannt, die wir als Phasenzustände bezeichnen. Sie weisen darauf hin, dass in diesen Fällen die Verbindung zwischen dem Rapid-Eye-Movement (REM)-Schlaf und dem Wachsein ebenfalls eine genetische Eigenschaft ist.
Der Artikel wurde am 22. Juni 2021 in der Zeitschrift Brain Communications veröffentlicht.

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