Menschen, die Nahtoderfahrungen gemacht haben oder sich an der Grenze zwischen Leben und Tod befinden, beschreiben ihre Erfahrungen oft als mystisch. Unabhängig von Geschlecht, Alter, ethnischer Zugehörigkeit und Glauben erleben sie alle die Verzerrung von Zeit und Raum, sehen helle Lichter und spüren außerkörperliche Empfindungen. Wissenschaftler sind jedoch immer noch ratlos, was den Ursprung dieser Erfahrungen angeht, da das Gehirn zum Zeitpunkt des klinischen Todes nicht mehr funktioniert.

Laut Daniel Kondziella, einem Neurologen an der Universität von Kopenhagen in Dänemark, sind die Dinge vielleicht nicht so einfach. „Ich habe die Theorie, dass Nahtoderfahrungen auftreten können, wenn das Gehirn noch funktionell und strukturell intakt ist. Ich denke, dass die Menschen die Nahtoderfahrung haben, bevor sie ohnmächtig werden. Wenn sie dann wiederbelebt werden, ist das letzte, woran sie sich erinnern, diese Erfahrung“ – so der Wissenschaftler gegenüber NBC News.

In einer 2019 veröffentlichten Studie teilt Kondziella die Ergebnisse einer Online-Befragung von 1.034 Menschen aus 35 Ländern. Etwa 10 % aller Teilnehmer (106 Personen), berichteten von einer Nahtoderfahrung, mit einer Punktzahl von ≥7 auf der Grayson-Skala, die für die Bewertung von Nahtoderfahrungen herangenommen wurde. Diese Daten wurden mit Störungen der REM-Schlafphase, wie z. B. der Schlaflähmung, verglichen, bei denen eine Person ähnliche Empfindungen erlebt: auditive und visuelle Halluzinationen, ein Gefühl, außerhalb des Körpers zu schweben, und Todesangst.

Die Ergebnisse zeigten, dass REM-Schlafstörungen bei Menschen, die Nahtoderfahrungen hatten, häufiger auftraten; sie waren in 47 % der Fälle vorhanden. Bei denjenigen, die keine Nahtoderfahrungen hatten, waren REM-Schlafstörungen dreimal seltener, nämlich nur bei 14 %. Dieser Befund weist auf eine signifikante Beziehung zwischen den beiden Zuständen hin und legt nahe, dass sie eine gemeinsame neurologische Basis haben. Es bestätigt auch die Hypothese von Kondziella, dass die Physiologie des Gehirns während einer Nahtoderfahrung nicht beeinträchtigt wird und somit in der Lage ist, die Erinnerungen an die Nahtoderfahrung zu erhalten und zu rekonstruieren.

Wir erinnern daran, dass bereits 2012 am Phase Research Center unter der Leitung von Michael Raduga Forscher in der Lage waren, in einem Phasenzustand typische Nahtoderfahrungen in Form von Verlassen des Körpers und Fliegen in einem Tunnel in Richtung Licht zu rekonstruieren.

Der Artikel wurde 2019 in der Zeitschrift PeerJ veröffentlicht.

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