Viele weltberühmte Schriftsteller (Dickens, Dostojewski, Kafka, Maupassant usw.) hatten eine beeindruckende Beobachtungsgabe. Ihre Werke enthielten genaue Beschreibungen von medizinischen Zuständen, lange bevor diese in wissenschaftlichen Abhandlungen erschienen. Eine Gruppe von Wissenschaftlern aus Chile und Österreich (Carolina Aguirre, Marcelo Miranda und Ambra Stefani) analysierte Nikolai Gogols Erzählung „Das Porträt“ (1833) und kam zu dem Schluss, dass dies die früheste Beschreibung der Schlaflähmung in der nicht-medizinischen Literatur ist.

Wie die Autoren betonen, taucht die Schlaflähmung in wissenschaftlichen Berichten erstmals 1842 auf, und der Begriff selbst wurde schließlich 1928 eingeführt. Sie gehört zu den Phasenzuständen, zu denen auch luzide Träume, außerkörperliche und Nahtoderfahrungen usw. gehören. Die Schlaflähmung ist gekennzeichnet durch die Unfähigkeit, sich zu bewegen und zu sprechen, und tritt in der Regel beim Aufwachen oder Einschlafen auf. Oft hat die Person auch Halluzinationen.

„Das Porträt“ wurde Teil von Gogols berühmter Sammlung von Erzählungen mit dem Titel Arabesken. Die Handlung der Geschichte dreht sich um einen jungen Künstler, der sich seines Talents nicht sicher ist. Er kauft in einem Geschäft ein Porträt und nimmt es mit nach Hause, doch der Blick des alten Mannes, der auf dem Porträt abgebildet ist, erschreckt ihn so sehr, dass der Held das Bild mit einem Laken bedeckt, bevor er zu Bett geht.

Was dann folgt, ist nach Ansicht der Forscher eine genaue Beschreibung der Schlaflähmung mit begleitenden visuellen und auditiven Halluzinationen. In der Nacht sieht der Künstler, wie der alte Mann das Bild verlässt, kann sich aber weder bewegen noch schreien. Er ist bei Bewusstsein und spürt, dass es sich nicht um einen Traum handelt, ist aber nicht in der Lage, einen Finger zu rühren. Es wird auch ein Druckgefühl in der Brust beschrieben, das ein häufiges Anzeichen für eine Schlaflähmung ist.

Schließlich gelingt es dem Künstler, den Albtraum zu beenden. Als er aufwacht, sieht er, dass er immer noch im Bett liegt. Der Held erkennt, dass er Halluzinationen erlebt hat. Sie wirkten jedoch so real, dass der junge Mann daran zweifelt, ob es sich um einen Traum handelt.

Die Genauigkeit der Beschreibung veranlasste die Forscher zu der Annahme, dass Gogol den Zustand der Schlaflähmung gut kannte – entweder aus eigener Erfahrung oder von jemandem, der ihm nahestand.

Der Artikel wurde im August 2021 in der Zeitschrift Sleep Medicine veröffentlicht.

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