Lange Zeit wurde allgemein angenommen, dass Träume nur während des REM-Schlafs auftreten. Doch dann fanden Wissenschaftler heraus, dass wir im Laufe der Nacht verschiedene Arten von Träumen haben, die auf Veränderungen in der Aktivität unseres Gehirns, der Augenbewegung und des Muskeltonus beruhen. Diese Veränderungen spiegeln verschiedene Schlafstadien wider: REM (oder Rapid Eye Movement) und Non-REM, oder „Slow-Wave“-Schlaf.
Doch wie unterscheiden sich diese Träume voneinander? Und warum ist der REM-Schlaf viel kürzer als der Tiefschlaf ? Wissenschaftler unter der Leitung von Joshua M. Martin von der Federal University of Rio Grande do Norte, Brasilien, versuchten, diese Fragen zu beantworten. Frühere Studien haben gezeigt, dass wir uns mit größerer Wahrscheinlichkeit an REM-Träume erinnern – sie machen 82 % aller erinnerten Träume nach dem Aufwachen aus. Deshalb glaubten Wissenschaftler früher, dass Träume nur in der schnellen Phase auftreten. Schließlich erinnern wir uns nur sehr selten an eine andere Art von Träumen.
Hinzu kommt, dass die Erinnerungen an REM-Träume detaillierter und länger sind als die der Non-REM-Phase. Dies wird durch Berichte belegt, die Träume beschreiben. Im Gegensatz zu REM-Träumen sind andere Träume von „weißen Flecken“ begleitet: Wir erinnern uns zum Beispiel vielleicht daran, dass wir von unserer Großmutter geträumt haben, aber wir erinnern uns nicht an die Handlung des Traums. Berichte über Träume in den schnellen und langsamen Phasen unterscheiden sich auch im Inhalt: REM-Träume werden als lebendiger, bizarrer und emotionaler beschrieben, in denen wir komplett in ein von unserer Phantasie erschaffenes Paralleluniversum eintauchen.
In ihrem Experiment analysierten die Wissenschaftler die Daten von 133 Traumberichten, die von zwanzig Teilnehmern in einem Schlaflabor aufgenommen wurden. Die Teilnehmer wurden während der REM- und Non-REM-Schlafphasen geweckt, die mittels Polysomnographie aufgezeichnet wurden. Die Ergebnisse des Experiments bestätigten frühere Erkenntnisse und fanden eine größere strukturelle Verbundenheit in REM-Schlaf-Berichten. Das bedeutet, dass die Beschreibungen dieser Träume eher Geschichten ähneln, in denen wir mehr ungewöhnliche Wörter verwenden, was ihre komplexe Struktur unterstreicht.
REM-Träume wurden von 90 % der Teilnehmer als zusammenhängende Erzählungen beschrieben, während langsame Träume aus unzusammenhängenden visuellen Bildern (42,5 %) oder konzeptionellen, nicht visuellen Erfahrungen (13,79 %) bestanden. Während des REM-Schlafs ist unser Gehirn aktiver, während der Körper aufgrund der Muskelatonie völlig entspannt ist, was uns erlaubt, vollständig in eine interaktive Traumumgebung einzutauchen oder luzide Träume zu erleben. Der langsame Schlaf ist jedoch notwendig, damit wir uns erholen und den Körper wiederherstellen können, weshalb sich diese Phasen abwechseln. Viele fortgeschrittene Praktizierende sind in der Lage, die Übergänge zwischen diesen Phasen zu kontrollieren, indem sie ihren REM-Schlaf verlängern, um luzides Träumen zu vertiefen.
Der Artikel wurde im Juli 2020 in der Zeitschrift Plos One veröffentlicht